Aktuelles
Trotz Bruchs der Ampelkoalition legte das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) am 28. November 2024 einen überarbeiteten Referentenentwurf der Verordnung zur Änderung der AVBFernwärmeV und zur Aufhebung der FFVAV vor. Er berücksichtigt die Änderungen, zu denen sich das BMWK nach der Länder- und Verbändeanhörung des Referentenentwurfs vom 25. Juli 2024 veranlasst sah.
Überblick
Gegenüber der Entwurfsfassung aus Juli 2024 wird die Privilegierung von Kleinstnetzen beschnitten. Als „Kleinstnetze“ sollen künftig nur noch solche Netze gelten, die eine thermische Gesamtnennleistung von weniger als 5 MW aufweisen und – also kumulativ statt bisher alternativ – nicht mehr als 100 Hausanschlüsse versorgen.
Auch die ohnehin problematische Regelung zur Anpassung der Wärmeleistung in § 3 AVBFernwärmeV-E wurde im Vergleich zum Entwurf vom 25. Juli 2024 verschärft. Gestrichen wurde die ursprünglich vorgesehene Entschädigungsregelung. Außerdem soll dem Kunden eine außerordentliche Kündigung künftig grundsätzlich selbst dann ermöglicht werden, wenn die (bestehende) Wärmeversorgung über ein im Sinne des Wärmeplanungsgesetzes bereits ertüchtigtes Netz erfolgt, ein ökologischer Mehrwert also nicht vorhanden ist.
Baukostenzuschüsse sollen künftig nur noch bezogen auf 50% der bei wirtschaftlicher Betriebsführung notwendigen Kosten für die Erstellung oder Verstärkung von der örtlichen Versorgung dienenden Verteilungsanlagen erhoben werden dürfen. Nach dem Referentenentwurf vom 25. Juli 2024 sollte es noch bei der (auch derzeit geltenden) 70%-Regelung bleiben.
Im Wesentlichen unverändert aus dem Sommerentwurf übernommen wurden die gegenüber der aktuellen Fassung der AVBFernwärmeV verschärften Veröffentlichungspflichten und die Vorgaben zur Ausgestaltung von Preisänderungsklauseln. Nach wie vor soll also gelten, dass die verordnungsrechtlichen Vorgaben an die angemessene Ausgestaltung von Preisänderungsklauseln erfüllt sind, wenn Kosten- und Marktelement gleichgewichtet sind und zur Abbildung des Marktelements der Wärmepreisindex herangezogen wurde.
Ersatzlos gestrichen wurde § 24a AVBFernwärmeV-E. Er hatte zugunsten der Versorger ein einseitiges Änderungsrecht hinsichtlich der vertraglich vereinbarten Preisanpassungsklausel in Fällen eines Energieträgerwechsels oder der Änderung der Beschaffungsstruktur vorgesehen.
Ebenfalls gestrichen wurde zwar die in § 32 Abs. 1 S. 1 AVBFernwärmeV-E enthaltene Laufzeitbeschränkung auf fünf Jahre für nicht neu hergestellte Hausanschlüsse oder für Fälle fehlender Erhöhung der vereinbarten Fernwärmeleistung. Nun ist vorgesehen, dass – wie bislang auch – die Laufzeit zehn Jahre beträgt und eine Verlängerung um jeweils fünf Jahre als stillschweigend vereinbart gilt. Eine Ausnahme ist allerdings für Verbraucher vorgesehen, bei denen die stillschweigende Verlängerung des Vertrags zwei Jahre nicht übersteigen darf und vom Lieferanten unter Hinweis auf das Kündigungsrecht ein Jahr im Voraus angekündigt werden muss.
Bewertung und Ausblick
Aus Sicht der Wärmeversorgungsunternehmen muss der nun vorliegende Entwurf als Rückschritt betrachtet werden. Er gewährt noch weniger Investitionssicherheit als der ursprüngliche Ansatz. Das wiederum gefährdet den Erfolg der Wärmewende, die ganz maßgeblich auf (investitionsintensiven) dekarbonisierten und ausgebauten Wärmenetzen beruht.
Das weitere Schicksal dieses (überarbeiteten) Referentenentwurfs ist jedoch alles andere als sicher. Zwar bedürfte die Verabschiedung keiner Beschlussfassung im Bundestag; erforderlich ist aber die Zustimmung des Bundesrates.
Weitere Meldungen
Im November 2024 hat die BNetzA seit langer Zeit wieder mal ein Positionspapier veröffentlicht, das sich mit der Erhebung sog. Baukostenzuschüsse (BKZ) beim Netzanschluss beschäftigt. Dieses Mal stammt das Positionspapier aus der Feder der Beschlusskammer 8. Das letzte Positionspapier der Beschlusskammer 6 dazu war im Jahr 2009 veröffentlicht worden. In weiten Teilen bestätigt die Beschlusskammer 8 den dort vertreten Ansatz und nimmt auch ausdrücklich das Positionspapier zu vertraglichen Regelungen des Netzanschlusses aus dem Jahr 2008 in Bezug.
Die Beschlusskammer 8 betont, dass der Baukostenzuschuss eine Finanzierungsfunktion habe und daher von einem wirtschaftlich effizienten Netzbetreiber in einem angemessenen Umfang auch erhoben werden müsse. Damit bezieht die Behörde eine neue Position, die aufhorchen lässt und für Netzbetreiber von erheblicher regulatorischer Bedeutung ist: Netzbetreiber, die keinen BKZ erheben, verhalten sich ineffizient, da sie diese Finanzquelle nicht ausschöpfen. Allerdings räumt die Behörde den Netzbetreibern insoweit eine „Übergangsphase“ ein.
In der Sache bestätigt die Beschlusskammer 8 die Berechnung nach dem Leistungspreismodell, allerdings in einer „geglätteten“ Variante. Ausgangspunkt ist die Anschlussleistung, die in aller Regel dauerhaft und uneingeschränkt vereinbart ist. Wenn dies nicht der Fall ist, hält sie eine entsprechende Reduzierung des BKZ für möglich. Grundsätzlich soll in einem Netzgebiet für Netzanschlüsse gleicher Art und Güte nicht hinsichtlich des BKZ differenziert werden. Differenzierungen in einem Netzgebiet sind aber im Übertragungsnetz möglich. Das Positionspapier erlaubt den ÜNB, bei der Höhe des BKZ danach zu differenzieren, wie sich der jeweilige Netzanschluss auf die Netzkosten auswirkt. Das Papier sieht ein fünfstufiges System vor, bei dem der BKZ abhängig davon ist, ob ein Netzanschluss Redispatchmaßnahmen erforderlich macht oder nicht. Verteilernetzbetreiber dürfen eine solche Differenzierung nicht vornehmen.
Die Art der angeschlossenen Last ist nach der Auffassung der Beschlusskammer 8 weiterhin unerheblich, abzustellen sei auf den Leistungsbezug an sich. Damit hält die Beschlusskammer 8 bis auf weiteres auch an ihrer Auffassung zu netzgekoppelten Batteriespeichern fest. Bislang müssen ihre Betreiber wie „normale“ Strombezugskunden für den Anschluss oberhalb der Niederspannungsebene einen sog. BKZ an den Netzbetreiber leisten. Das OLG Düsseldorf hat in einem Beschwerdeverfahren zwar festgestellt, dass der BKZ zumindest für netzgekoppelte Stromspeicher nicht nach dem Leistungspreismodell berechnet werden dürfe und die BNetzA verpflichtet, über den Missbrauchsantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Das Rechtsbeschwerdeverfahren (EnVR 1/24), auf das die BNetzA in ihrem Positionspapier auch verweist, ist aber noch nicht abgeschlossen, so dass die Entscheidung des OLG Düsseldorf nicht in Rechtskraft erwachsen ist. Wie ein BKZ bei dem Anschluss von Stromspeichern zu gestalten sein könnte, hat das OLG Düsseldorf offen gelassen. Die Behörde äußert sich dazu auch noch nicht, sondern möchte den Ausgang des Rechtsbeschwerdeverfahrens abwarten.
Zwar versteht die Behörde selbst ihre Leitfäden und Positionspapiere vor allem als Auslegungshilfen, mit denen sie zu einer einheitlichen Rechtsanwendung beitragen will. Anders als Festlegungen sind sie nicht mit der Beschwerde unmittelbar angreifbar. Allerdings entfalten Aussagen in Positionspapieren jedoch teils erhebliche faktische Wirkungen (s. König, N&R 2015, S. 132). Es ist davon auszugehen, dass BNetzA und Netzbetreiber ihr Handeln an dem Positionspapier ausrichten werden.
Kein besinnlicher Advent in der Energiewirtschaft: Aktuell überschlagen sich die Ereignisse. Nicht nur die Politik hält die Branche in Atem, auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in der letzten Woche im Jahresendspurt noch eine Entscheidung getroffen, die für die deutsche Energiewirtschaft erhebliche Konsequenzen hat.
Der EuGH hat sich in einer Entscheidung vom 28.11.2024 mit der Kundenanlage i.S.d. § 3 Nr. 24a EnWG befasst. Konkret ging es um die ihm vom Bundesgerichtshof vorgelegte Frage, ob eine Energieanlage, in der aus einem Blockheizkraftwerk Strom erzeugt wird und dieser Strom zur Versorgung mehrere Wohnblöcke genutzt wird, von den regulatorischen Vorschriften für Verteilernetzbetreiber befreit werden darf.
Der EuGH entschied, dass die Kundenanlage nicht von der Anwendbarkeit der regulatorischen Vorschriften für Verteilernetzbetreiber befreit werden darf. Die Entscheidungsgründe lesen sich so, als wolle der EuGH dem Konstrukt einer Kundenanlage eine gänzliche Absage erteilen. Damit wären in Deutschland zigtausend Netzanschluss- und Lieferkonstellationen in dezentralen Erzeugungs- und Verbrauchskonstellationen betroffen – und damit auch das Rückgrat der deutschen Energiewende.
A. Aus den Gründen
Zunächst prüft der Gerichtshof, ob die streitgegenständliche Anlage unter den Begriff „Verteilernetz“ im Sinne der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie 2019/944 zu subsumieren ist. Dies sei allein daran zu messen, ob die Anlage der Weiterleitung von Elektrizität mit Hoch-, Mittel- oder Niederspannung dient, die zum Verkauf an Kunden bestimmt ist. Der EuGH bejaht diese Frage und stuft die in Rede stehende Anlage als „Verteilernetz“ ein.
Sodann prüft er, ob ein Unternehmen, das ein „Verteilernetz“ betreibt, vom Begriff „Verteilernetzbetreiber“ ausgenommen werden kann. Dies wird ebenfalls verneint. Wenn Mitgliedsstaaten nicht berechtigt sind, Anlagen vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie auszunehmen, die als Verteilernetz iSd. Richtlinie einzustufen sind, so sind sie erst recht nicht berechtigt, eine juristische Person vom Begriff „Verteilernetzbetreiber“ im Sinne der Richtlinie 2019/944 auszunehmen. Anderes gilt nur, wenn die Voraussetzungen von in der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie 2019/944 selbst vorgesehenen Ausnahmen vorliegen. Das betreffe Bürgerenergiegemeinschaften, geschlossene Verteilernetze oder kleine Verbundnetze. Laut EuGH sei nicht ersichtlich, dass im Streitfall einer dieser Ausnahmefälle einschlägig sei, was allerdings ausdrücklich nur vorbehaltlich der vom vorlegenden Gericht, also dem Bundesgerichtshof, vorzunehmenden Prüfung gelte.
B. Konsequenzen
Auch wenn die Folgen für die deutsche Energiewende erheblich sind, muss angesichts der klaren Worte des EuGH davon ausgegangen werden, dass mit diesem Urteil der Anfang vom Ende der Kundenanlage eingeläutet ist. Dieses Fazit kommt zur Unzeit, da der deutsche Gesetzgeber aktuell nahezu handlungsunfähig ist.
Aber selbst wenn er handlungsfähig wäre, ist fraglich, ob die Kundenanlage iSv. § 3 Nr. 24 a und b EnWG noch zu retten ist. Zwar bezieht sich das Urteil des EuGH vom 28.11.2024 zunächst nur auf eine Kundenanlage nach § 3 Nr. 24a EnWG; allerdings erschließt sich nicht, warum der EuGH in Bezug auf Anlagen nach § 3 Nr. 24b EnWG zu einer abweichenden Einschätzung kommen sollte.
In beiden Fällen kommt es nach unserer Einschätzung darauf an, ob die vom EuGH anerkannten Ausnahmen, nämlich die in der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie 2019/944 selbst anerkannten Sonderkonstellationen Bürgerenergiegemeinschaft, geschlossenes Verteilernetz oder kleines Verbundnetz, greifen oder nach richtlinienkonformer Ausgestaltung durch den deutschen Gesetzgeber jedenfalls künftig so ertüchtigt werden können, dass sie adäquaten Ersatz für die heutigen Kundenanlagen – möglichst befreit von regulatorischen Zwängen – bieten.
Aber auch unabhängig von einem gesetzgeberischen Tätigwerden werden Anlagen- und Netzbetreiber, aber auch im Rahmen von Kundenanlagenkonstellationen versorgte Letztverbraucher, die Konsequenzen dieser EuGH-Entscheidung, auch im Hinblick auf etwaige Rückwirkungen, ganz genau prüfen müssen. Die Wirtschaftlichkeit zahlreicher dezentraler Versorgungskonzepte ist akut gefährdet, weil Netzentgeltbefreiungen und Steuervergünstigungen untrennbar mit der Einstufung als Kundenanlage verbunden sind. Hinzu kommt, dass wenn der Betrieb einer Kundenanlage als Betrieb eines Verteilernetzes einzustufen ist, auch alle regulatorischen Vorgaben für den Verteilernetzbetrieb gelten. Insbesondere ist ein solcher Betrieb, auch in der Form eines geschlossenen Verteilernetzes nach § 110 EnWG, genehmigungspflichtig, und ein ohne entsprechende Genehmigung erfolgender (Netz-)Betrieb stellt eine bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit dar.
Die Urteile des Bundesgerichtshofs vom 17. September 2024 (Az. EnZR 57/23 und EnZR 58/23 – Lieferantenausfall bei Mittelspannungskunden) betreffen Konstellationen, in denen aufgrund eines systembedingten Fehlers des Stromlieferanten die Marktlokationen mehrerer Letztverbraucher nicht dem Bilanzkreis des Lieferanten zugeordnet werden konnten. Stattdessen wurden die Marktlokationen vom (Anschluss-)Verteilnetzbetreiber dem Bilanzkreis des in seinem Netzgebiet tätigen Grund- und Ersatzversorgers zugewiesen. Grundlage dieser Zuordnung waren Regelungen in Preisblättern der jeweils zugrunde liegenden Anschlussnutzungsverträge.
Die so erfolgte Zuordnung hält der Bundesgerichtshof – gemessen am Diskriminierungsverbot des § 20 Abs. 1 S. 1 EnWG – für sachlich nicht gerechtfertigt: Eine analoge Anwendung von § 38 EnWG auf die Mittelspannung komme nicht in Betracht. Weder könne von einer planwidrigen Regelungslücke ausgegangen werden noch sei die Interessenlage mit den Grundgedanken des § 38 Abs. 1 Satz 1 EnWG vergleichbar.
Ein sachlicher Grund folge auch nicht aus dem Hinweis in den Preisblättern der jeweiligen Anschlussnutzungsverträge, wonach „bei der Grundversorgung/Ersatzbelieferung“ die „Belieferung des Kunden […] durch den zuständigen Grundversorger sichergestellt werde“. Durch diese Mitteilung komme weder ein Vertrag zwischen dem Letztverbraucher und dem Grund- und Ersatzversorger zustande noch sei darin ein Angebot des Letztverbrauchers an den zuständigen Grund- und Ersatzversorger auf Abschluss eines Ersatzbelieferungsvertrages zu sehen, das vom Netzbetreiber mit der Meldung der Marktlokation an den Grund- und Ersatzversorger übermittelt werde.
Ebenso wenig könne das Interesse an kurzfristiger Vermeidung einer Zuordnungs- und Versorgungslücke die Zuweisung an den Grund- und Ersatzversorger rechtfertigen. Auch dieses Interesse befreie nicht von der Prüfung, wer im Einzelfall voraussichtlich am besten in der Lage sei, die Versorgung der vertragslosen Letztverbraucher kurzfristig sicherzustellen. Grundsätzlich sei das nämlich derjenige mit dem die letzte vertragliche Lieferbeziehung bestanden habe:
- Dieser Lieferant wisse aufgrund des bestehenden Lieferverhältnisses regelmäßig, wer sein Schuldner sei. Er könne daher zivilrechtliche Ansprüche wegen rechtmäßiger oder unrechtmäßiger Stromentnahmen leichter durchsetzen.
- Für seine bilanzielle Verantwortlichkeit spreche ferner, dass die letzte rechtliche Lieferbeziehung während eines vertragslosen Zustands durch weitere Stromentnahmen faktisch nahtlos fortgeführt werde.
- Für die "Fortsetzung" des Lieferverhältnisses mit dem bisherigen Vertragspartner sei zudem zu berücksichtigen, dass er bereits über die Kundendaten verfüge, diese also nicht unter Ausschluss anderer Mitbewerber einem dritten Elektrizitätsversorgungsunternehmen offengelegt werden müssten.
Was diese Urteile für die Praxis bedeuten und in welchem Zusammenhang sie mit der durch § 38a EnWG-E vorgesehenen Einführung des Instituts der sog. Übergangsversorgung stehen, analysieren wir in unserem jüngsten Briefing, das wir bei Interesse gern zur Verfügung stellen.
Bundesnetzagentur kündigt Modifikation der Industrienetzentgelte im Elektrizitätsbereich an
In einem am 24.07.2024 veröffentlichten Eckpunktepapier hat die Bundesnetzagentur die Schaffung eines Sondernetzentgelts für Industriekunden angekündigt. Die Beschlusskammer 4 plant eine von § 19 Abs. 2 StromNEV abweichende Festlegung zur Setzung systemdienlicher Anreize, um dem durch die Energiewende ausgelösten Reformbedarf der bestehenden Sondernetzentgelte nachzukommen.
Ausgangslage und Hintergrund des Reformbedarfs
Bislang privilegieren zwei Formen der Sondernetzentgelte Industrie und Gewerbe. Zum einen besteht ein Anreiz zur atypischen Netznutzung, um einen Flexibilitätsanreiz zu schaffen. Dieser zielt darauf ab, die zeitgleiche Jahreshöchstlast der Netzentnahmen zu reduzieren. Zum anderen soll die Bandlast eine konstant gleichbleibende Grundlast stromintensiver Letztverbraucher bewirken, um das Netz zu stabilisieren und Netzbetreibern Planungssicherheit zu gewähren.
Die bestehenden Sondernetzentgelte erweisen sich allerdings als inkompatibel mit der durch die Energiewende veränderten Sachlage. Das durch die Bandlast geförderte konstante Abnahmeverhalten ist gesamtökonomisch nachteilhaft, denn mit dem Ausbau erneuerbarer Energien gehen eine volatilere Einspeisung sowie das Bedürfnis nach flexiblen Lasten einher. Reagieren große Stromverbraucher mithin dynamisch auf Strompreise, kann dies einer marktgetriebenen Abregelung der Erzeugung erneuerbarer Energien entgegenwirken und die Gesamtkosten des Energiesystems senken. Die Bandlastregelung soll auch langfristig nicht, wie übergangsweise durch eine Festlegung beschlossen, durch Ausnahmen zu Flexibilisierungszwecken aufrecht erhalten bleiben, sondern vollständig beseitigt werden.
Inhalt der neuen Sondernetzentgelte
Die auf der Ermächtigung in § 21 Abs. 3 S. 5 EnWG beruhende Neuregelung soll schon jetzt erfolgen, obwohl die Regelungen der StromNEV grundsätzlich bis zum 31.08.2028 in Kraft bleiben. Das neue Sondernetzentgelt soll über die Beseitigung der durch die Bandlastprivilegierung geschaffenen Hindernisse hinaus die positiven Effekte einer verstärkten Flexibilisierung auf das Netz und die Integration von erneuerbaren Energien in das Stromnetz steigern. Für die Marktintegration des Stroms aus erneuerbaren Energien und die Vermeidung einer Abregelung der Erzeugungsanlagen erneuerbarer Energien soll die nach den individuellen Maßstäben des Abnehmers erhöhte Abnahme in Zeiträumen besonders niedriger Preise sowie im umgekehrten Fall die Senkung bei besonders hohen Preisen privilegiert werden. Auch auf die Berücksichtigung der branchenabhängig unterschiedlichen Flexibilisierungsmöglichkeiten bei der Ausgestaltung des Anreizmechanismus wird hingewiesen.
Die Bandlastregelung soll zum 01.01.2026 auslaufen. Allerdings sollen Vereinbarungen über individuelle Netzentgelte nach § 19 Abs. 2 StromNEV nicht unmittelbar enden, sondern Letztverbrauchern eine Übergangsfrist zur Erarbeitung der Flexibilisierungspotenziale gewährt werden. Das neue Sondernetzentgelt soll im Hinblick auf die notwendigen Investitionen unbefristet gelten.
Des Weiteren wird eine administrierbare Ausgestaltung für Letztverbraucher, Netzbetreiber und die Regulierungsbehörden angestrebt. Auch regionale Ausnahmen in Gebieten, in denen der Netzausbau noch weniger ausgeprägt ist und die Gefahr von Engpässen aufgrund des Marktsignals besteht, sind vorgesehen. Zur Feststellung des Ausnahmebedarfs ist ein enger Austausch mit den Netzbetreibern beabsichtigt. Die Bundesnetzagentur wird es dabei aber nicht belassen und eine Prüfung der allgemeinen Netzentgeltsystematik auf einen Reformbedarf einleiten. Dies dürfte auch erforderlich sein, da die Energiewende und der Aufbau wesentlicher Netzinfrastruktur gegenwärtig noch deutliche Steigerungen der Netzentgelte erwarten lässt.
Bundesnetzagentur fordert die Branche zu Stellungnahmen auf
Um den Begünstigungstatbestand, der systemdienliches Verhalten anreizen soll, auszugestalten, bittet die Bundesnetzagentur bis zum 18.9.2024 um Stellungnahmen. Zum einen sollen diese sich darauf beziehen, welche Anpassungspotenziale beim Strombezug von Anlagen verschiedener Industrien gesehen werden und welchen Umfang sie mit Adaption der Produktionsprozesse an die Zweckrichtung der geplanten Regelung haben könnten. Zum anderen werden Informationen darüber benötigt, in welchem Umfang Unternehmen Prognosen über echte Reaktionen auf zu erwartende Preisschwankungen bereits vornehmen oder dies könnten.
Auch in diesem Jahr wurden zahlreiche LEITFELD-Partner in ihren jeweiligen Beratungsschwerpunkten von Best Lawyers in Kooperation mit dem Handelsblatt ausgezeichnet: Christoph Sieberg in den Kategorien Beste Anwälte für Energierecht und Regulierung, Dr. Thilo Richter in den Kategorien Beste Anwälte für Energierecht, Regulierung und öffentliches Wirtschaftsrecht, Matthias Schleifenbaum LL.M. in den Kategorien Beste Anwälte für Umweltrecht, Öffentliches Wirtschaftsrecht, Regulierung sowie Corporate Governance und Compliance, Stefan Tüngler in den Kategorien Beste Anwälte für Energierecht und Regulierung, Margret Schellberg in der Kategorie Beste Anwälte für Energierecht und Konrad Riemer in den Kategorien Ones to watch für Kartell- und Wettbewerbsrecht und Regulierung. Zum Ranking gelangen Sie hier (externer Link): https://www.handelsblatt.com/unternehmen/dienstleister/handelsblatt-best-lawyers-das-sind-die-besten-anwaelte-deutschlands-2024/100043284.html
Im aktuellen Ranking des Magazins brand eins wird LEITFELD in der höchsten Kategorie für Energierecht geführt. Wir freuen uns sehr über die Auszeichnung! Das Ranking ist abrufbar über die Website von brand eins.
In Ausgabe 1 der CuR 2024 befasst sich Stefan Tüngler mit dem Urteil des BGH vom 5.12.2023 in Sachen Fernwärme Stuttgart. Nach der Entscheidung ist die Stadt Stuttgart nicht verpflichtet, der EnBW nach Ablauf des bisherigen Wegenutzungsvertrags ein Angebot auf Abschluss eines Folgevertrags zum Betrieb des Fernwärmenetzes in der Stadt Stuttgart zu unterbreiten. Die Stadt Stuttgart ist aber auch nicht automatisch mit Auslaufen des bisherigen Wegenutzungsvertrags Eigentümerin des Netzes oder Inhaberin eines Anspruchs auf Übereignung bzw. Beseitigung der Netzanlagen geworden. Mehr zum Urteil in der CuR 2024, Seiten 17 ff.
Keine 95, aber immerhin 15 Thesen hat die Bundesnetzagentur (BNetzA) am 18.01.2024 mit einem Eckpunktepapier öffentlich angeschlagen. Die BNetzA eröffnet die Diskussion über eine Anpassung des Regulierungsrahmens für Strom- und Gasnetze. Bereits für den 2.2.2024 lädt die Behörde die Branche zum Gedankenaustausch ein.
Mit dieser Initiative nimmt die Behörde den Ball auf, der ihr vom EuGH zugespielt wurde. Nach dessen Entscheidung vom 2.9.2021, wonach die normative Vorstrukturierung des Regulierungsrahmens durch den nationalen Gesetz- und Verordnungsgebers unzulässig ist, ist es folgerichtig, dass die BNetzA nun prüft, das durch ARegV und Strom/GasNEV geprägte Regulierungssystem anzupassen. Der Gesetzgeber hat die Behörde mit der jüngsten EnWG-Novelle mit den nötigen Kompetenzen ausgestattet (§§ 21 Abs. 3, 21c Abs. 3 EnWG), ihr aber gleichzeitig die Möglichkeit eröffnet, für einen Übergangszeitraum die aktuellen Verordnungen weiter anzuwenden. Es ist gut, dass sich die Behörde gleichwohl frühzeitig ihrer Aufgabe annimmt, in eigener Verantwortung den Regulierungsrahmen fortzuschreiben, denn dass es angesichts des Umbaus der Netze im Rahmen der Dekarbonisierung der Energieversorgung beim Regulierungssystem Anpassungsbedarf gibt, ist unstreitig.
Wohin zielen die ersten Überlegungen der BNetzA?
Zunächst stellt die Behörde fest, dass sich das Anreizregulierungsmodell grundsätzlich bewährt habe und sowohl gegenüber einer reinen cost-plus Regulierung als auch einer vollständigen Lösung von den individuellen Kosten (Yard-Stick-Regulierung) vorzugswürdig sei. Gleichwohl sieht die Behörde Anpassungsbedarf, den sie insbesondere mit geänderten Anforderungen an die Regulierung begründet. Sie verweist stromseitig auf den erheblichen Netzausbau und die Einbindung neuer Erzeugungs- und Verbrauchsanlagen (EE-Anlagen, Wärmepumpen, Ladesäulen) sowie gasseitig auf den zu erwartenden Rückbau von Gasnetzen infolge eines Rückgangs des Gasverbrauchs und die Umnutzung einzelner Infrastrukturen für den Wasserstofftransport. Das Regulierungssystem soll daher flexibler werden, um dynamische Kostenentwicklungen abzubilden. Auch soll es transparenter und einfacher werden.
Erste Überlegungen dazu hat die Regulierungsbehörde in ihren 15 Thesen formuliert. Die interessantesten betreffen folgende Punkte:
- Die Regulierungsperiode soll von fünf auf drei Jahre verkürzt werden, damit Kostenaufwüchse oder -senkungen bei den OPEX – also auch jenseits der dauerhaft nicht beeinflussbaren Kosten (dnbK) und volatilen Kosten sowie des Kapitalkostenabgleichs –schneller Eingang in die Netzentgelte finden können.
- Der Katalog der dnbK soll danach überprüft werden, ob Relevanz der Kostenhöhe und (tatsächliche) Nichtbeeinflussbarkeit der einzelnen Positionen die Behandlung als dnbK rechtfertigen.
- Es gebe weiterhin einen Bedarf, die sektorale Produktivitätsentwicklung abzubilden, aber Anpassungen bei Ermittlung und Anwendung eines Produktivitätsfaktors seien zu erwägen.
- Den Effizienzvergleich hält die Behörde im Strombereich weiterhin für ein geeignetes Instrument, im Gasbereich sei es aber sorgfältig weiterzuentwickeln und mit Blick auf unterschiedliche Betriebsstadien („Abwicklungsbetrieb“ oder „Versorgungsbetrieb“) zu überprüfen.
- Die Qualitätsregulierung soll um andere Kriterien („Energiewendekompetenz“) erweitert werden.
- Für die Ermittlung der CAPEX von Gasnetzen soll kürzer und ggf. auch degressiv abgeschrieben werden können, um dem Rückbau von Infrastrukturen Rechnung zu tragen.
- Die Verzinsung soll auf einen WACC-Ansatz umgestellt werden, also die bisherige Trennung von FK- und EK-Verzinsung aufgegeben werden. Der (im WACC berücksichtigte) EK-Zinssatz soll ab der 5. Regulierungsperiode wieder einheitlich für Bestands- und Neuanlagen gelten und für die Dauer einer Regulierungsperiode konstant bleiben.
- Die Kosten für Stilllegungen und Rückbauten von Gasleitungen sollen frühzeitig von einer größeren Zahl an Netzkunden getragen werden, indem die Netzbetreiber Rückstellungen bilden, die als jährlich anpassbare Kostenposition Eingang in die Netzentgelte finden.
Steile Thesen oder weise Worte? – eine erste Bewertung
Mit ihrem Eckpunktepapier greift die BNetzA viele wichtige Themen auf. Ein Regulierungsrahmen, der den jeweils unterschiedlichen Herausforderungen, vor denen Strom- und Gasnetzbetreiber heute und in den kommenden Jahren stehen, Rechnung trägt, ist für das Gelingen der Energiewende essentiell. Richtig ist es daher, Strom- und Gasnetze nicht über einen Kamm zu scheren.
Die implizite Annahme des gegenwärtigen Modells, dass ein bis zu acht Jahre alter Befund zu Kosten und Effizienz in einem Fotojahr fünf Jahre lang der Maßstab für die effizienten Kosten des Netzes sein kann, hat sich in der Energiewende als unrealistisch erwiesen – zu dynamisch entwickeln sich Netze und die Aufgaben der Netzbetreiber. Die Verkürzung der Regulierungsperioden schafft insoweit Linderung, löst aber nicht das grundlegende Problem, dass ein Fotojahr der Vergangenheit keine gute Grundlage für die Bewertung dynamischer Entwicklungen ist.
Wenn die BNetzA zu Recht den Katalog der dnbK in § 11 Abs. 2 ARegV einer kritischen Inventur unterzieht, sollte die Analyse daher nicht allein darauf beschränkt werden, Kostenarten zu identifizieren, die künftig in den Effizienzvergleich einbezogen werden sollten. Die Vorstellung, dass einzelne Kostenarten allein exogen beeinflusst werden, während die Entwicklung anderer Kosten den Netzbetreibern vollständig als Effizienzgewinn oder -rückschritt zugerechnet werden kann, war schon immer eine starke Vereinfachung der Realität. Meist ist die Entwicklung von Kosten das Resultat jeweils unterschiedlich ausgeprägter exogener Einflüsse, deren Auswirkung auf die Netzkosten teils erheblich und in anderen Fällen nur geringfügig von den Reaktionen des Netzbetreibers abhängen. In einer Phase, in der der Handlungsrahmen von Netzbetreibern in erheblichem, aber auch sehr unterschiedlich ausgeprägtem Umfang von neuen staatlich veranlassten Aufgaben geprägt wird (z.B. Einbindung von subventionierter EE-Erzeugung, Ausstieg aus der Erdgasnutzung und Umstellung auf eine Wasserstoffwirtschaft), haben die exogene Faktoren an Bedeutung gewonnen. Es sollte daher auch diskutiert werden, wie die Abbildung wichtiger exogener Kostentreiber bei gleichzeitig fortbestehenden Effizienzanreizen gelingen kann – eine Aufgabe, der sich die Bundesnetzagentur beim Umgang mit volatilen Kostenanteilen bereits stellen musste.
Unabhängig von der Transformation der Netze ist das von der BNetzA formulierte Ziel, das Regulierungsmodell und die Verfahren zu vereinfachen richtig gewählt. Verkürzt man die Regulierungsperioden, führt an einer solchen Verschlankung kein Weg vorbei, wenn die Bescheidung den Regulierungsperioden nicht hinterherhinken soll. Diese Verschlankung sollte durchaus mutig angegangen werden: Die Erwartung, mit komplexen Modellen besonders belastbare Regulierungsergebnisse zu produzieren, wurde zu oft enttäuscht. Aller ökonometrischer Finesse zum Trotz bleiben Eigenkapitalzinssätze, Produktivitätsfaktoren, Effizienzwerte und Qualitätselemente Werte, für die nur relativ große realistische Bandbreiten ermittelt werden können. Wo punktgenaue Ergebnisse nicht erzielbar sind und Prognosen – wie die des generellen sektoralen Produktivitätsfaktors – nicht mehr als die Summe von Glauben und Hoffnung sind, sollte das Ziel realistischer gesteckt werden: Es sollte darum gehen, Regulierungsergebnisse zu erzielen, die mit vertretbarem Aufwand für Behörden und Unternehmen hinreichend (rechts)sicher ausreichend nahe an ein wettbewerbsanaloges Entgelt heranführen und gleichzeitig jene Investitionsanreize setzen, die zum Gelingen der Energiewende nötig sind. Eine Beschränkung der Nachsteuerung der Erlösobergrenzen auf Evidenzfälle – deutliche und nachweisbare Unterschiede in der Produktivitäts- oder Einstandspreisentwicklung zwischen Netzwirtschaft und Gesamtwirtschaft; erhebliche, nicht bloß zufällige Unterschiede in der Netzzuverlässigkeit – wäre ein naheliegender erster Schritt in diese Richtung.
Steigerung der Energieeffizienz und Reduzierung des Energiebedarfs sind zwei Forderungen, die untrennbar mit der Energie- und Klimawende verbunden sind. Seit Ende vergangenen Jahres sind die wesentlichen Regelungen zur Steigerung der Energieeffizienz in einem separaten Gesetz gebündelt, dem Gesetz zur Steigerung der Energieeffizienz in Deutschland (EnEfG). Es tritt neben das bereits bestehende Energiedienstleistungsgesetz (EDL-G) vom 4.11.2010. Kaum in Kraft getreten, sind einzelne Regelungen dieses Gesetzes aber schon wieder ausgesetzt worden.
Das EnEfG setzt ambitionierte Effizienzziele und nimmt die öffentliche Hand, energieintensive Unternehmen und Rechenzentren in die Pflicht. Außerdem rückt es die Abwärmevermeidung und -nutzung in den Fokus.
Verpflichtungen der öffentlichen Hand
Die Verpflichtungen der öffentlichen Hand bestehen zum einen darin, dass
- der Bund vom 1.1.2024 bis zum 31.12.2030 jährlich Endenergie in Höhe von jeweils mindestens 45 TWh einspart und
- die Länder vom 1.1.2024 bis zum 31.12.2030 ihren jährlichen Endenergiebedarf um jeweils mindestens 3 TWh reduzieren.
Umgesetzt werden sollen diese Einsparungen durch strategische Maßnahmen, d.h. durch Maßnahmen, die nicht als unmittelbare Reduktionsverpflichtung wirken, sondern zum Erlass von Maßnahmen zur Einsparung von Endenergie verpflichten.
Zum anderen beinhalten die Verpflichtungen der öffentlichen Hand Energieeinsparvorgaben für öffentliche Stellen. Kommunen zählen indes nicht zu den öffentlichen Stellen iSd. EnEfG.
Verpflichtungen für energieintensive Unternehmen
Hinsichtlich der Verpflichtungen für energieintensive Unternehmen differenziert das EnEfG zwischen Unternehmen mit einem jährlichen Gesamtendenergieverbrauch von mehr als 7,5 GWh und solchen mit einem Gesamtendenergieverbrauch von mehr als 2,5 GWh. Als Unternehmen gilt jede Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, wobei für die Bestimmung des Energieverbrauchs die kleinste rechtliche Einheit maßgeblich ist, die aus handels- und/oder steuerrechtlichen Gründen Bücher führt und bilanziert, einschließlich ihrer Zweigniederlassungen.
- Unternehmen mit einem durchschnittlichen jährlichen Gesamtenergieverbrauch von mehr als 7,5 GWh innerhalb der letzten drei abgeschlossenen Kalenderjahre sind, unabhängig ob KMU oder Nicht-KMU, bis zum 18.7.2025 bzw. bis spätestens 20 Monate nach dem Zeitpunkt, zu dem sie den Status eines energieintensiven Unternehmens iSd. EnEfG erlangt haben, insbesondere verpflichtet, ein Energie- oder Umweltmanagementsystem einzuführen. Unternehmen, die zur Einführung eines Energie- oder Umweltmanagementsystems verpflichtet sind, sind während der Übergangszeit von der Energieauditpflicht nach dem EDL-G befreit.
- Unternehmen, die nach dem EDL-G zur Durchführung eines Energieaudits verpflichtet sind und einen jährlichen Gesamtenergieverbrauch von mehr als 2,5 GWh haben, müssen Energiesparmaßnahmen identifizieren und nach DIN EN 17463 bewerten, Umsetzungspläne für alle wirtschaftlichen Energieeinsparmaßnahmen innerhalb von drei Jahren nach Inkrafttreten des EnEfG erstellen und veröffentlichen, die Vollständigkeit und Richtigkeit dieser Umsetzungspläne vor ihrer Veröffentlichung durch Zertifizierer, Umweltgutachter oder Energieauditoren bestätigen lassen, Abwärmequellen identifizieren und Maßnahmen zur Vermeidung bzw. Nutzung der Abwärme entwickeln.
Die Einhaltung der Verpflichtungen energieintensiver Unternehmen nach dem EnEfG wird vom BAFA kontrolliert.
Rechenzentren
Rechenzentren ISv. § 3 Nr. 24 EnEfG widmet das EnEfG einen eigenen Abschnitt. Er sieht insbesondere vor, dass Betreiber von Rechenzentren ihren Stromverbrauch ab dem 1.1.2024 bilanziell zu 50 % und ab dem 1.1.2027 zu 100 % durch Strom aus erneuerbaren Energien decken müssen, eine bestimmte Energieverbrauchseffektivität nachweisen müssen, ein Energie- oder Umweltmanagementsystem einzurichten haben und zu umfassenden Informationen gemäß Anlage 3 zum EnEfG verpflichtet sind. Hinzu kommt, dass für Rechenzentren grundsätzlich die gleichen Abwärme-Anforderungen gelten, die auch für Unternehmen mit einem Gesamtendenergieverbrauch von mehr als 2,5 GWh/a gelten. Als spezielle Anforderung müssen Rechenzentren jedoch grundsätzlich bestimmte Anteile an wiederverwendeter Energie nach DIN EN 50600-4-6 einsetzen.
Abwärme
Unternehmen, die einen jährlichen durchschnittlichen Gesamtendenergieverbrauch innerhalb der letzten drei abgeschlossenen Kalenderjahre Jahre von mehr als 2,5 GWh haben, sind grundsätzlich verpflichtet, die in ihrem Unternehmen entstehende Abwärme nach dem Stand der Technik zu vermeiden und auf den Anteil der technisch unvermeidbaren Abwärme zu reduzieren sowie die unvermeidbare Abwärme wiederzuverwenden, soweit technisch möglich und zumutbar.
Unternehmen sind ferner auf Anfrage von Wärmenetzbetreibern oder Fernwärmeversorgungsunternehmen und sonstigen potenziellen wärmeabnehmenden Unternehmen verpflichtet, Auskunft über abwärmerelevante Informationen zu erteilen und diese Informationen unabhängig von einer Anfrage erstmals bis zum 1.1.2024 und danach bis zum 31.3. eines jeden Jahres der Bundesstelle für Energieeffizienz (BfEE) zu übermitteln. Diese wiederum veröffentlicht diese Informationen auf einer öffentlich zugänglichen Plattform (sog. Abwärmeplattform). Diese Plattform und die anfrageunabhängigen Informations- und Übermittlungspflichten zum 1.1.2024 und zum 31.3.2024 sowie die entsprechende Bußgeldbewehrung starten allerdings, um unverhältnismäßige Belastungen der betroffenen Unternehmen aufgrund des kurzen Zeitraums zwischen Inkrafttreten des EnEfG und dem Ablauf der Frist zur Übermittlung der Daten zu vermeiden sowie im Hinblick auf Verzögerungen bei der technischen Umsetzung der Plattform für Abwärme, erst im Mai 2024.
Weitere Informationen zum Thema Energieeffizienz, einschließlich Merkblättern zum EnEfG, sind auf der Homepage des BAFA unter: https://www.bafa.de/DE/Energie/Energieberatung/Energieaudit/energieaudit_node.html oder der BfEE unter: https://www.bfee-online.de/BfEE/DE/BfEE/bfee_node.html erhältlich.
Häufig vereinbaren Energielieferanten mit gewerblichen/industriellen Kunden zwar eine feste, an einem bestimmten Verbrauchsprofil oder prognostizierten Lastgang des Kunden orientierte Liefermenge, gewähren für Fälle des tatsächlichen Mehr- oder Minderbedarfs aber ein Toleranzband. Bewegt sich der tatsächliche Verbrauch des Kunden innerhalb dieses (Toleranz-)Bandes, zahlt der Kunde (nur) den vertraglich vereinbarten Bezugspreis. Das Toleranzband ermöglicht dem Kunden bei größtmöglicher Preissicherheit also einen flexiblen Bezug von Strom und/oder Gas. Erst bei Überschreitung des Toleranzbandes greifen besondere Vergütungsregelungen, etwa eine auf Spotmarktkonditionen beruhende Abrechnung der Mehr- oder Mindermengen oder die Abrechnung bestimmter Pönalen.
Aktuell stellt sich im Rahmen zahlreicher dieser Fahrplanlieferverträge die Frage, wie mit Minderabnahmen des Kunden und – damit regelmäßig verbunden – hohen Nachzahlungsforderungen des Energielieferanten umzugehen ist. Haben die Parteien den Energieliefervertrag etwa zu Hochpreiszeiten im Sommer/Herbst 2022 geschlossen und ist der tatsächliche Verbrauch des Kunden energiekrisenbedingt deutlich hinter dem vertraglich zugrunde gelegten Verbrauchsprofil oder dem prognostizierten Lastgang zurückgeblieben, liegt die Forderung der Kunden nach einer Vertragsanpassung nahe. Konkret geht es darum, ob der wirtschaftliche Nachteil aus der Abwicklung derartiger Verträge, insbesondere aus der Abrechnung der Mindermengen, allein vom Kunden zu tragen ist oder ob sich der Lieferant hieran beteiligen muss.
Vertragsanpassung wegen nachträglicher Umstandsänderungen?
So nachvollziehbar solche Anpassungsforderungen vor dem Hintergrund der mit breiter öffentlicher Unterstützung geforderten Energieeinsparbemühungen auch sein mögen, vertragsrechtlich stehen der Durchsetzung mehrere Hürden entgegen.
Grundsätzlicher Ausschluss von Anpassungsansprüchen in Fällen einseitiger Risikoübernahme
Grundlage für ein entsprechendes Anpassungsbegehren kann entweder eine vertraglich vereinbarte Anpassungsregelung oder § 313 BGB, d.h. die Grundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage, sein. Zwar mögen die Voraussetzungen, unter denen nach der einen oder anderen Regelung Anpassungsansprüche in Betracht kommen, voneinander abweichen, in beiden Fällen gilt jedoch, dass eine Vertragsanpassung ausscheidet, wenn die zum Anlass für das Anpassungsbegehren genommenen Umstandsänderungen einseitig in den Risikobereich des Anspruchstellers fallen.
Genau das ist bei Überschreitungen des Toleranzbandes von Fahrplanlieferverträgen indes grundsätzlich der Fall. Das Wesen derartiger Vereinbarungen besteht darin, dass der Kunde für einen außerhalb des Toleranzbandes liegenden Bedarf das Mengenrisiko übernimmt und deswegen für den innerhalb des Toleranzbandes verbleibenden Bedarf einen niedrigeren Energiepreis zahlt als im Rahmen klassischer Vollversorgungsverträge. Reguläre, den tatsächlichen Bedarf des Kunden beeinflussende Umstände fallen dementsprechend uneingeschränkt in den Risikobereich des Kunden und vermögen Anpassungsansprüche nicht auszulösen.
Geltung dieser Grundsätze auch im Rahmen der Energiekrise?
Anpassungsrelevant können mithin allenfalls außergewöhnliche und über die aus regulären Bedarfsschwankungen hinausgehende Verbrauchsrückgänge, etwa zwingende Einsparvorgaben der Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über kurzfristig wirksame Maßnahmen (EnSikuMaV) oder der Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über mittelfristig wirksame Maßnahmen (EnSimiMaV), und/oder außergewöhnliche, über aus üblichen Preisschwankungen hinausgehende finanzielle Verluste sein.
Selbst solche Entwicklungen, die im Einzelfall zudem noch unvorhersehbar gewesen sein müssen, führen indes nicht zu einem Anpassungsanspruch. Zusätzlich müsste der Kunde nämlich darlegen können, dass ihm ein Festhalten am unveränderten Vertrag unzumutbar ist. Das dürfte regelmäßig an den Preisbremsengesetzen scheitern. Ihnen ist zu entnehmen ist, wie nach Ansicht des Gesetzgebers mit hohen Energiepreisen während der Energiekrise umzugehen ist:
- Vertragspreise unterhalb des jeweiligen Referenzpreisniveaus sind dem Kunden ohne Weiteres zumutbar.
- Energiepreise oberhalb dieses Preisniveaus werden, sofern die weiteren Entlastungsvoraussetzungen erfüllt sind, auf das Referenzpreisniveau gedeckelt und begründen für den darüberhinausgehenden Teil des Vertragspreises, den sog. Differenzbetrag, einen Entlastungsanspruch gegen den jeweiligen Lieferanten oder gegen den Staat.
Hiernach gilt: Entweder ist der Kunde entlastungsberechtigt oder er ist es nicht. Ist Letzteres der Fall, so folgt hieraus zugleich, dass die Energiepreise, selbst wenn sie mit spürbaren finanziellen Mehrbelastungen verbunden sind, dem Kunden zumutbar sind.